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Bundesverfassungsgericht: Kosten für Studium sind keine Werbungskosten

Veröffentlicht am 24.01.2020

Als Vater von zwei studierenden Kindern habe ich aufmerksam verfolgt, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage beurteilt, ob Kosten des Studiums (Miete für Studentenzimmer, Reisekosten, Semesterbeiträge und so weiter) Werbungskosten sind. Werbungskosten darf man nämlich auch dann geltend machen, wenn man noch gar kein Einkommen hat. Dann entsteht ein Verlustvortrag.

Das Finanzamt verrechnet den Verlustvortrag dann erst ab dem Jahr, in dem Einkünfte erzielt werden, also das erste richtige Geld verdient wird. Berufsanfänger mit Studium hätten dann mit einer ordentlichen Steuererstattung rechnen können.

Vorlage durch den Bundesfinanzhof

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) müsste der Fiskus die Aufwendungen für das Studium eigentlich als Werbungskosten zulassen. Gesetzlich war das bisher allerdings ausgeschlossen, siehe § 9 Abs. 6 EStG. Der BFH hielt diese Regelung für verfassungswidrig und hatte sie dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt (BFH, Beschluss vom 17.07.2014, Az. VI R 8/12, Az. VI R 2/12).

§ 9 Abs. 6 EStG verfassungsgemäß

Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt entschieden, dass das seit 2004 geltende Abzugsverbot in § 9 Abs. 6 EStG nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Es gebe dafür sachlich einleuchtende Gründe (Beschluss vom 19.11.2019, Az. 2 BvL 22/14, 2 BvL 27/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 23/14).

Man lernt für das Leben...

Die erste Berufsausbildung gehöre typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für die Lebensführung, weil sie Vorsorge für die persönliche Existenz bedeute und dem Erwerb einer selbstständigen und gesicherten Position im Leben diene. Der Gesetzgeber dürfe daher den objektiven Zusammenhang mit einem konkreten späteren Beruf als typischerweise gering ausgeprägt bewerten. Ein Studium eröffne regelmäßig eine Vielzahl von unterschiedlichen Berufsmöglichkeiten. Auch bei einer stark auf einen bestimmten späteren Beruf ausgerichteten Erstausbildung liege eine private Mitveranlassung vor. Auch Erstausbildungen, die wie die Pilotenausbildung einen konkreten Veranlassungszusammenhang mit einer später ausgeübten Erwerbstätigkeit aufwiesen, schafften erstmalig die Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Lebensführung und vermittelten Kompetenzen, die allgemein die Lebensführung der Auszubildenden beeinflussen.

Soweit das BVerfG. Aus meiner Sicht ist das eine nicht sehr schwache Entscheidung unseres obersten Gerichts. Das seltsame Geschwurbel der Begründung überzeugt nicht. Eine Ausbildung soll nicht auf einen Beruf vorbereiten, sondern irgendwie allgemein auf das Leben? Das ist sinnlose Wortklauberei. Wann, wenn nicht in der ersten Ausbildung, bereiten sich junge Menschen auf einen Beruf vor? Dass im Gegensatz dazu für eine zweite Ausbildung Werbungskosten abgezogen werden können, macht die Sache nicht logischer. Für die meisten Menschen ist die erste Ausbildung auch die einzige Ausbildung. Warum soll man steuerlich besser stehen, wenn man festgestellt hat, dass die erste Ausbildung nicht die richtige war?

...und das ist für den Fiskus auch günstiger

Konsequenz: Weiterhin sind die Kosten einer Erstausbildung nur im Rahmen der Sonderausgaben in Höhe von maximal 6.000 Euro pro Jahr absetzbar. Sonderausgaben wirken sich aber nur dann aus, wenn zugleich ein steuerpflichtiges Einkommen über dem Grundfreibetrag von 9.408 Euro im Jahr erzielt wird, was bei Studenten während des Studiums eher selten der Fall ist. Denn anders als Werbungskosten können Sonderausgaben nur sofort, aber nicht im Rahmen Verlustvortrags mit den Einkünften aus späteren Jahren verrechnet werden. Werbungskosten dagegen verfallen nicht, sondern können in späteren Jahren genutzt und mit Erwerbseinkünften verrechnet werden.

Fazit: Da haben die Studenten Pech gehabt. Eine doch sehr den Interessen des Fiskus folgende Entscheidung, die das Vertrauen in die Unabhängigkeit des BVerfG nicht gerade stärkt.

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