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Abmahnungen im Wettbewerbsrecht - Einführung, Teil 1

Veröffentlicht am 08.03.2020

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es dient zugleich dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.  Die Durchsetzung des Schutzes vor unlauteren geschäftlichen Handlungen ist in Deutschland in die Hände der Marktteilnehmer selbst gelegt. Deshalb werden ihnen entsprechende Ansprüche gegenüber Mitbewerbern zugebilligt.  Insbesondere durch Abmahnungen (§ 12 Abs. 1 S. 1 UWG) soll wettbewerbswidriges Verhalten möglichst ohne Inanspruchnahme der Gerichte  schnell und kostengünstig abgestellt werden.

In der Praxis wird der größte Teil aller UWG-Ansprüche außergerichtlich erledigt; Schätzungen gehen von 90 bis 95 Prozent aus. Vor diesem Hintergrund wird das System der privaten Rechtsdurchsetzung im UWG häufig als Erfolgsmodell bezeichnet. 

Andererseits fehlt es nicht an Kritik an der Abmahnung als Instrument des UWG. Nach Auffassung eines Bündnisses deutscher Wirtschaftsverbände  haben missbräuchliche Abmahnungen durch unseriöse Marktteilnehmer in Teilbereichen der deutschen Wirtschaft „zu kaum mehr zu bewältigenden Mehrbelastungen“ geführt. Diese Belastungen rührten von den „Abmahngebühren“ her, auf die es unseriöse Abmahnvereine, Mitbewerber und deren Anwälte als Aufwendungsersatz (vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG) abgesehen hätten.

Die Wahrnehmung einer von Geldgier getriebenen „Abmahn-Industrie“ ist allerdings nicht neu. Bereits vor 30 Jahren trieben so genannte „Gebührenvereine“ ihr Unwesen  und veranlassten den Gesetzgeber zur Schaffung des § 13 Abs. 5 UWG a. F. (heute § 8 Abs. 4 UWG) zum Schutz vor rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen. Die praktische Bedeutung dieses Missbrauchstatbestands hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, weil sich im Internet Verstöße gegen Formalien und Informationspflichten leicht recherchieren lassen. Nach Angaben einer so genannten „Abmahnstudie“ gaben im Zeitraum 12.06.2018 bis 03.07.2018 66 Prozent der befragten Unternehmen an, durch Abmahnungen die eigene Existenz bedroht zu sehen. Repräsentative Zahlen zu Abmahnungen oder gar rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen gibt es allerdings nicht. Auch die Bundesregierung verfügt über keine verlässliche Daten- und Faktenbasis.  Es wird daher kritisiert, die Politik reagiere mit aktuellen Gesetzgebungsvorschlägen lediglich auf einen „gefühlten“ Abmahnmissbrauch.

Die Abmahnung als Instrument des UWG

Eine Abmahnung im Sinne des UWG wird definiert als „die Mitteilung eines Anspruchsberechtigten an einen Verletzer, dass er sich durch eine genau bezeichnete Handlung wettbewerbswidrig verhalten habe, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen und binnen einer bestimmten Frist eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abzugeben.“ Die Abmahnung ist erledigt, wenn der Abmahnungsschuldner der Aufforderung des Abmahnungsgläubigers nachkommt. Durch die Unterwerfungserklärung des Abmahnungsschuldners ist der Abmahnungsgläubiger wirksam gegen eine Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes geschützt. 

Die Abmahnung hat sich als Instrument zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Wettbewerbsangelegenheiten zunächst als richterrechtlich geprägtes Rechtsinstitut entwickelt. Der heutige § 12 Abs. 1 UWG ist 2004 eingeführt und durch die UWG-Novellen 2008 und 2015 nicht verändert worden. Auch wenn die vorherige Abmahnung unstreitig keine Zulässigkeitsvoraussetzung für ein gerichtliches Vorgehen ist,  ist sie de facto schon wegen der Kostenfolge des § 93 ZPO unverzichtbar. Denn danach werden dem Gläubiger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, wenn der zuvor nicht abgemahnte Schuldner den Anspruch sofort anerkennt. 

Der Abmahnungsgläubiger

Zur Aktivlegitimation des Abmahnenden ist erforderlich, dass dieser nach § 8 Abs. 3 UWG berechtigt ist, den Wettbewerbsverstoß zu verfolgen. Diese Befugnis besteht bei Mitbewerbern (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) eines Rechtsverletzers dann, wenn sie mit ihm in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Dafür ist erforderlich, dass die Unternehmen den gleichen Kundenkreis  ansprechen und auf dem sachlich und räumlich selben Markt  tätig sind. Neben Mitbewerbern sind den unter den im Gesetz näher bestimmten Voraussetzungen Verbände zur Verfolgung gewerblicher Interessen, qualifizierte Einrichtungen sowie die Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern berechtigt, Unterlassungsansprüche durch Abmahnungen geltend zu machen, § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG. Einzelne Verbraucher sind dagegen nicht zur Geltendmachung von Ansprüchen aus § 8 Abs. 1 UWG legitimiert.

Verbände sind nur dann anspruchsberechtigt, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, „die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Gerade von dieser Einschränkung der Anspruchsberechtigung verspricht sich der Gesetzgeber eine Austrocknung von „Wettbewerbsvereinen“, die hauptsächlich aus Gebühreninteresse gegen Wettbewerbsverstöße vorgehen. Ein Verband muss nach Anzahl der Mitglieder, Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise repräsentativ sein, dass ein missbräuchliches Vorgehen ausgeschlossen werden kann. Wenn der Abmahnungsgläubiger nicht davon ausgehen kann, dass seine Aktivlegitimation bekannt ist, muss er diese darlegen. Vor allem weniger bekannte Verbände (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) müssen daher z.B. die Zahl der Mitglieder angeben, die auf dem betreffenden Markt tätig sind. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob Zahl und wirtschaftliche Bedeutung der branchenzugehörigen Verbandsmitglieder den Schluss darauf zulassen, dass objektiv gemeinsame („kollektive“) gewerbliche Interessen der Wettbewerber wahrgenommen werden. In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG Frankfurt (Urteil vom 02. Mai 2019, 6 U 58/18) wegen Fehlens dieser Voraussetzung die Klagebefugnis eines aggressiv vorgehenden Wettbewerbsvereins im Online-Handel verneint. 

Der Abmahnungsschuldner

Die Abmahnung ist an die natürliche oder juristische Person zu richten, die den Wettbewerbsverstoß begangen hat. Gemäß § 8 Abs. 2 UWG haftet der Inhaber eines Unternehmens ohne Entlastungsmöglichkeit für seine Mitarbeiter und Beauftragten. Haben mehrere miteinander verbundene Unternehmen einen Wettbewerbsverstoß begangen, genügt die Abmahnung eines Unternehmens. 

Unterwerfungserklärung und Vertragsstrafe

Der Gläubiger muss den Schuldner auffordern, eine Unterwerfungserklärung abzugeben, bestehend aus einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungserklärung. Üblich, aber nicht not-wendig ist es, dass der Gläubiger eine Unterwerfungserklärung vorformuliert.  Die angemessene Höhe der Vertragsstrafe kann nicht allgemein bestimmt werden. Regelungen dazu finden sich im UWG bisher nicht. Die Höhe sollte sich nach dem Zweck bemessen, den Schuldner von künftigen gleichartigen Wettbewerbsverstößen abzuhalten. Maßgeblich können im Einzelfall mehrere Kriterien sein, ins-besondere Art, Schwere und Ausmaß des Wettbewerbsverstoßes, die finanzielle Leistungsfähigkeit und wirtschaftliche Relevanz des Schuldners sowie der auf Grund eines weiteren Wettbewerbsverstoßes zu erwartende Gewinn. lternativ zu einer fest bestimmten Vertragsstrafe kommt eine Erklärung nach „Hamburger Brauch“ in Betracht.  Dabei setzt der Gläubiger die Vertragsstrafe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen fest; der Schuldner kann die Festsetzung gemäß §§ 315 Abs. 3, 319 BGB durch das Gericht überprüfen lassen. Denkbar ist auch, dass der Schuldner die Unterlassungsverpflichtung anerkennt, nicht jedoch die Höhe der vom Gläubiger bestimmten Vertragsstrafe. In diesem Fall kann der Gläubiger die Unterlassungserklärung als unzureichend zurückweisen; dann liegen Wiederholungsgefahr und Klageveranlassung im Sinne von § 93 ZPO vor.

- wird fortgesetzt -

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