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Corona - Rechtsfragen von Unternehmen, Teil 1: Entschädigung nach IfSG

Veröffentlicht am 21.03.2020

Die Corona-Krise hat für viele Unternehmen schon jetzt existenzbedrohende Folgen. Die Ankündigungen der Regierung, wie hier geholfen werden kann, sind zu großen Teilen noch unklar. Es stellen sich Rechtsfragen, bei denen juristisches Neuland betreten wird. Daher gilt, dass die nachfolgenden Überlegungen, die ich hier veröffentliche, vorläufig sind und dass ich – wie bei allen rechtlichen Einschätzungen außerhalb eines konkret erteilten Auftrags – hierfür keine Gewähr übernehme.

Seit dem 18.03.2020 sind in Deutschland viele Betriebe geschlossen. Hier in Hessen ist Rechtsgrundlage dafür die Vierte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 17. März 2020.

Als Ermächtigungsgrundlage dafür nennt die Hessische Landesregierung § 32 Satz 1 des Bundes-Infektionsschutzgesetzes (IfSG).

Für die betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmer stellen sich in diesen Tagen existenzielle Fragen.

Müssen die Arbeitnehmer weiter bezahlt werden?

Ja. Der Arbeitgeber trägt nach § 615 BGB das Betriebsrisiko. Dazu gehört auch eine behördliche Schließung. Dass die Lohnfortzahlung bei fehlenden Einnahmen für Arbeitgeber existenzbedrohend werden kann, ändert daran nichts.

Muss der Staat die Lohnkosten ersetzen?

Wie oben genannt, ist das Infektionsschutzgesetz Grundlage für die Betriebsschließungen. Es liegt daher nahe, dass die geleisteten Lohnfortzahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz erstattet werden müssen. § 56 Abs. 1 IfSG lautet:

Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können.

Entschädigung nach § 56 IfSG?

Entschädigungsberechtigt ist nach dem Wortlaut der in § 56 Abs. 1 genannte Personenkreis. Im Einzelnen ist hier auf die Legaldefinitionen des IfSG zurückzugreifen.  

Kranker: eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist (§ 2 Nr. 4 IfSG)

Krankheitsverdächtiger: eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen (§ 2 Nr. 5 IfSG),

Ansteckungsverdächtiger: eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein (§ 2 Nr. 7 IfSG),

Ausscheider: eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein (§ 2 Nr. 6 IfSG),

Träger von Krankheitserregern: Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht (§ 31 Satz 2 IfSG), oder

Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden: Hier ist insbesondere die Quarantäne gemeint.

Das bedeutet: Wer nicht zu diesem direkt betroffenen Personenkreis gehört, ist wohl nicht entschädigungsberechtigt gemäß § 56 Abs. 1 IfSG. Insbesondere nicht die von einer Ladenschließung betroffenen Mitarbeiter und Geschäftsinhaber, soweit sie selbst nicht krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig usw. sind. 

§ 65 IfSG?

Auch § 65 IfSG, Entschädigung bei behördlichen Maßnahmen, greift wohl nicht ein, denn die Vorschrift bezieht sich auf vorbeugende Maßnahmen nach den §§ 16 und 17 IfSG. Das betrifft den Zeitraum, so lange eine Krnkheit noch nicht ausgebrochen ist. Die Verordnung zur Schließung Läden in Hessen erfolgte aber, um die Verbreitung bereits ausgebrochenen Corona-Krankheit zu hemmen.

Grundlage der Schließungen

Grundlage der behördlichen Schließungen dürfte vielmehr § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG sein. Danach kann die zuständige Behörde, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist, Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.

Laden- oder Restaurantschließungen sind hier zwar nicht explizit genannt, aber die solche Maßnahmen lassen sich wohl unter sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken subsumieren. Einen ausdrücklichen Schadensersatzanspruch für Maßnahmen nach § 28 Abs. 1 S. 2 enthält das IfSG nicht.

Fazit

Aktuell ist die Frage eher zu verneinen, ob Unternehmer, ohne dass Sie selbst krank oder in Quarantäne sind, einen Entschädigungsanspruch nach dem IfSG haben. Dennoch kann es nicht schaden, vorsorglich einen Entschädigungsanspruch einzuwerfen. Antragsformulare sollen, so die Landesregierung, in Hessen bei den Gesundheitsämtern erhältlich sein. Anträge auf Erstattung sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Schließung der Betriebe zu stellen (§ 56 Abs. 11 S. 1 IfSG).

- wird fortgesetzt, und zwar zu Fragen rund um Kurzarbeit und Kündigung. 

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